Unser Bewegungsmuster- oder Verhalten ist eine Gewohnheit. Und es benötigt wiederum eine Gewohnheit, um dieses Bewegungsverhalten zu ändern.
Das heisst, es ist zwar kaum möglich ein eingeschliffenes Bewegungsmuster über Nacht radikal zu ändern. Jedoch sind kleine Impulse sofort umsetzbar wenn ich zu dem, was ich tagtäglich tue etwas ergänze und kleinste Varianten einbaue.
Wie kommt es jedoch, dass so viele Menschen trotz hartnäckigen und chronischen Schmerzen ihre offenbar ungünstigen Bewegungsgewohnheiten so lange weiterpflegen und sogar hoffen, dass Medikamente (auch wenn diese auf Dauer schädlich sein können) oder einmaliges Handauflegen eines Heilers genügen würde?
Grosse Veränderungen können manchmal sehr schwierig sein, weil die Aufgabe oder die Unsicherheit die damit verbunden ist zu gross erscheinen mag und uns verunsichert. Gerne halten wir an unseren Gewohnheiten fest, denn das Neue ist uns nicht vertraut, kann uns sogar erschrecken, vielleicht fürchten wir sogar zu scheitern.
Auch Stress verstärkt Gewohnheitsmuster. Wenn wir unter Druck stehen, können wir Gewohnheiten schlecht ändern, erklärt Lars Schwabe, Professor für Kognitionspsychologie der Universität Hamburg. Unter dem Einfluss von Stresshormonen haben wir nicht die Energie zur Verfügung um automatisierte Abläufe zu ändern, da die Kraft benötigt wird um schwierige Situationen oder Zeiten zu meistern.
Wenn ich es gewohnt bin auf eine bestimmte Weise zu gehen, zu stehen oder zu sitzen – sogar dann wenn es auf eine Art und Weise geschieht, die meinem Körper nicht besonders gut tut oder sogar Schmerzen verursacht , so ist mir dies auch nicht immer bewusst.

Oft höre ich nach einer Feldenkraislektion die erstaunten Worte: Diese oder jene Bewegung fühlt sich so angenehm an und frei“. Die Schmerzen sind vielleicht sogar bereits geringer. Und doch wundern sich manchmal Klienten ob sie denn jetzt nicht schief stehen würden, weil das Gehirn sofort das neu erfahrene Körpergefühl als unbekannt und somit abweichend erkennt.
Solche Veränderungen dauerhaft zu erhalten kann schwierig sein, weil zum Beispiel der Wunsch sich im Alltag achtsam zu bewegen zwar gross ist, jedoch die Aufgabe unüberwindbar erscheint. Manchmal reagieren wir dann darauf mit einer Blockade, sind wie eingefroren und bleiben dadurch auch nur der Einfachheit halber bei unseren alten Gewohnheiten.
Es gibt jedoch eine Lösung: Feldenkrais-Chunking.
Chunking heisst nichts weiter als eine grosse Sache in kleinere überschaubare kleine Chunks zu teilen. Wir können also täglich kleine Bewegungs-Chunks machen um neue Gewohnheiten zu erlernen.

So ungefähr sind auch die Feldenkraislektionen aufgebaut. Eine Bewegung, eine Handlung wird in kleineren überschaubaren Details angeleitet und zum Schluss wieder zu einer ganzen Bewegung oder Handlung zusammengeführt. Während einer Lektion werden in einer angenehmen, ruhigen und nahezu spielerischen Atmosphäre Bewegungen erforscht.
Durch die Kunst der Feldenkrais-Bewegungslektionen entsteht Zeit und Raum, indem es möglich wird zu seiner eigenen Bewegungs- und Ausdrucksweise zurückzufinden. Ganz so, wie wir auch ein Instrument zuerst stimmen, bevor wir die Musik darauf spielen.
Wenn wir unser Bewegungsverhalten ändern möchten
müssen wir uns auch tatsächlich bewegen
Beginnen wir ganz einfach mit einem ersten Bewegungs-Chunk:
Ziehen Sie wann immer möglich ihre Schuhe aus und wenn, dann gleich auch die Socken. Ohne dicke Sohlen ist es dem Fuss sofort möglich den Boden zu fühlen. Wenn ihre Füsse in Baumwolle und Leder verpackt sind, können sie nicht empfinden oder wahrnehmen. Das nenne ich dann „sensorische Blindheit“.
Unser Gehirn ist jedoch abhängig von „sensorischem Sehen“ oder eben sensorischem Input. Je öfter sie „Fussblind“ laufen und somit ihre Füsse nicht mit dem Rest ihres Körpers kommunizieren, desto eher fallen sie in ihr altes Muster und tun das, was sie immer tun. Der bestsitzende Schuh für ihre Füsse ist also ihr Fuss selber.

Stehen sie, gehen sie herum wo auch immer sie dies tun, zu Hause, im Wald, auf der Wiese, auf Steinen – irgendwo. Und anstelle dieses einmal für 5 Minuten bewusst zu tun, tun sie es 5 x jedoch nur 1 Minute. Sie werden erstaunt sein.
Viele Feldenkraislektionen finden am Boden statt. Liegend, sitzend, sich drehend usw.. Wenn Sie fernsehen, telefonieren, ein Buch lesen, etwas aufschreiben… tun sie dies für eine kleine Weile am Boden. Es ist so leicht im Stuhl zu sitzen und einen Film zu schauen. Es ist bequem. Bequemer heisst jedoch leider auch verbunden mit weniger Bewegung.

Machen Sie es sich daher etwas „unbequem“, selbstverständlich immer angepasst an ihre aktuellen Möglichkeiten. Mit unbequem meine ich auch nicht schmerzhaft, anstrengend oder überfordernd. Nur eben etwas anders, ungewohnt. Nicht lediglich unbequem für unseren Körper, sondern für unser Gehirn.
Wenn sie am Boden sitzen werden sie in der Regel nicht lange in einer Position verweilen. Versuchen Sie auch nicht eine Position zu finden, in der sie lange bleiben könnten. Sie werden anfangen etwas zu zappeln, sich immer wieder neu hinsetzen und das ist gut so.
Viele Feldenkraislehrer arbeiten auf einem Stuhl sitzend und dabei ist der Klient auf einer speziellen Liege. Während meiner fünfjährigen Ausbildung liess uns meine Trainerin fast immer am Boden arbeiten. Sie wollte, dass wir uns sehr aktiv mit unserer eigenen Körperorganisation während dem Arbeiten auseinandersetzen sollten.
Wann haben sie am Boden auf dem Bauch liegend zuletzt ein Buch gelesen. Vielleicht kommen sie sich dabei etwas komisch vor, aber das ist ok. Denn es ist nicht tragisch einfach älter zu werden, jedoch ist es tragisch zu vertrocknen, weil wir unsere Gelenke nicht mehr schmieren und ölen.
Finden Sie Gelegenheiten, an die sie vielleicht noch nie gedacht haben. Mein Mann und ich lieben es z.B. an kalten Winterabenden ein Fondue am Boden vor dem Kamin zu geniessen. Probieren sie es aus, sie haben Spass und gleichzeitig befeuern sie ihr Gehirn mit neuen Informationen. Machen Sie eine Pizzaparty am Bodentisch – ihre Freunde werden es mögen.
Beginnen Sie langsam, sitzen sie 5 oder 10 Minuten während einer Tätigkeit am Boden, tun sie dabei etwas, was sie üblicherweise im Stuhl sitzend tun würden.
In den Feldenkraislektionen werden Sie viele Ideen erhalten für solche täglichen Chunks. Vielleicht erinnern sie sich an einen kleinen Teil einer Lektion während sie nach dem Einkauf an der Ladenkasse stehen und warten müssen. Eine fantastische Gelegenheit für eine Chunk-Lektion stehend. Sie werden sich mit der Zeit die längste Wartelinie aussuchen.
Ein klein wenig Ungewohntes und vielleicht deswegen etwas Unbequemes zu tun ist ihre Chance neues Leben in ihre Bewegungsmuster zu bringen.
Für noch mehr Ideen in der Kunst der kleinen achtsamen Bewegungen: