Wie immer im neuen Jahr sehe ich eine kleine Hürde auf mich zukommen, mit der viele von uns zu dieser Jahreszeit konfrontiert werden. Damit meine ich nicht die buchhalterische, steuerliche Hürde, sondern die „Lass mich meine neuen guten Jahresvorsätze fassen“ – Hürde.
Gerade in diesen Tagen, wenn ich mit Schnupfen und Husten eher motivationslos auf dem Sofa sitze erschreckt mich die Aussicht auf aktionsreiche und zielgerichtete Absichten für das kommende Jahr 2017 ein wenig. Vielleicht bin ich damit nicht ganz alleine denke ich mir und es lohnt sich, ein wenig darüber zu schreiben.
Es ist die Zeit in der manchmal gute und Weise „Denker“ – zunehmend leider auch TV-Reality-Shows und populistische Journalisten – uns ermutigen eine Bilanz der Aktivitäten unseres letzten Jahres zu ziehen. Oft lese ich dann in langen Weihnachtsbriefen und auf einschlägigen Internetseiten, welche tollen Leistungen dieser oder jener erbracht hat.
Es geht also darum das nächste Jahr zu beschwören. Jetzt ist die Zeit meine Ziele ins Auge zu fassen, meine eigene Neujahrsresolution zu schreiben und die Schritte festzulegen, mit denen ich mich verpflichte meine Träume und Visionen in die Realität umzusetzen.
Die Idee dabei ist nicht unbedingt falsch und üblicherweise bin ich auch ganz begeistert Visionen und inspirierende Aktionen zu planen, um neue Ziele zu erreichen.
Oftmals habe ich jedoch den Eindruck dass (vielleicht auch durch den medialen Hype) die Idee von „lass mich etwas Neues, Positives in Angriff nehmen“ zunehmend ein ganz klein wenig ausartet in „lass mich meinen Lebenssinn finden“.
Wenn ich darüber nachdenke, immer noch matt, schniefend und hustend auf dem Sofa liegend, kann ich dabei eigentlich nur scheitern. Es könnte sein, denke ich mir, dass ich in einem Hoch der Sylvesterpartygefühle für einige Wochen voll motiviert einen neuen Sinneskurs buche und mich dies über die ersten kalten Januartage pusht. Dieser Superkurs, welcher nun mein Schicksal oder zumindest meine Zukunft verändert.
Allerdings, frage ich mich, wenn ich doch Jahr um Jahr dieses grosse Ziel nicht erreiche oder meine Vorsätze nicht durchhalte …. Wie kommt es eigentlich, dass ich mich aber gerade jetzt, in die weiche Decke gekuschelt mit meiner lieben Hündin neben mir auf dem Sofa (ja sie darf) und meinem noch lieberen Mann an der Seite total wohl fühle. Sogar schlapp und krank?
Nun…. Es könnte doch sein, dass diese grossartige Sinnessuche im Hau-Ruck-System auf Kommando nicht funktioniert und vielleicht können die ganz grossen Fragen nicht immer in einem Kurs erfahren oder geklärt werden.
Das bedeutet aber doch nicht, dass ein von alltäglichem geprägtem Leben weniger leistungsfähig oder lebenswert wäre. Weil es vielleicht auch nicht immer darum geht, etwas Besonderes zu erreichen oder spirituelle Erkenntnisse zu erfahren. Zumindest nicht von Aussen gesehen.
Ich habe für mich dieses Jahr erneut erfahren dürfen, wie persönlich und manchmal fast unscheinbar solche neuen Erfahrungen und Erkenntnisse sind. Sie geschehen von Moment zu Moment. Es ist oft so nah im täglichen Leben, dass ich es manchmal fast übersehen habe.
Wie ist das also mit unserer grossen Suche nach neuen Erfahrungen?
Wenn wir es ganz genau nehmen, experimentieren wir seit Geburt damit herum, die Welt zu entdecken und unseren Platz darin zu finden. Von Kindheit an versuchen wir täglich zu verstehen wie die Welt funkioniert und wie man damit interagiert. Kinder tun dies noch ziellos, neugierig und spielerisch. Kleine Babys versuchen eine Banane, spucken sie aus wenn es ihnen nicht schmeckt oder schlucken diese und verlangen nach mehr, wenn sie diese mögen. Später krabbelt der Frischling aus dem Raum und testet wie weit er sich von der Mutter entfernen kann ohne Angst haben zu müssen. Der Schüler, der auslotet, wie lange er nicht zu lernen braucht, bis es mit den Noten nicht mehr reicht oder ganz einfach wenn wir ein neues Kochrezept für unsere Gäste ausprobieren und wissen, es könnte gelingen oder auch nicht. Unser Alltag ist voll von diesen unscheinbaren, kleinen Tests und Experimenten.
Wir sind also bereits grossartige Experten des Experimentierens, Suchens und Findens!
Je älter wir werden, desto zielgerichteter werden natürlich unsere Experimente. Wir nehmen uns etwas vor, versuchen es, ziehen Resultate daraus. Unsere Welt ist sogar Meister in Messen und Vergleichen von Resultaten geworden. Und das ist sicher in vielen Dingen ausserordentlich sinnvoll.
Jedoch geht dies sogar so weit, dass unsere eigene Erfahrung, unsere Intuition kaum mehr etwas zählt und Erfolg zu haben nicht durch unser Gefühl, sondern von aussen bewertet wird aufgrund unserer äusserlichen Erscheinung.
Wenn ich jedoch experimentiere, dann kann es manchmal vorkommen (eigentlich sogar oft), dass ich falsch liege und etwas für mich oder andere nicht funktioniert. Und das ist gut so, denn so lernen wir alle. Dann bin ich nicht einfach gescheitert, sondern ich habe eine interessante Rückmeldung erhalten, auch wenn meine Entdeckungen dabei nicht so spektakulär wir diese von Edison sind.
I haven’t failed.
(Thomas Edison)
I’ve just found
10’000 ways
that won’t work“
Also frage ich mich erneut, zu dieser Zeit des Jahres: Was wäre, wenn mein Ziel oder Weg genau das ist, was ich gerade bin und tue, Schritt für Schritt? Wenn ich etwas ändern möchte, verlangt mein Verstand danach, mein Gefühl oder mein zu grosses „Ego“?
Ich habe durchaus Ziele und Ambitionen, angeheizt von einer enormen Menge an Neugierde und Begeisterung. Einige dieser Ziele werden vielleicht erreicht und viele von ihnen nicht. So ist das Leben.
Ich persönlich wechsle daher dieses Jahr kurzerhand den Kanal von
Damit einher geht ein sofortiges Gefühl der Erleichterung. Gut möglich, dass auch dieses Gefühl nur vorübergehend ist, jedoch scheint mir dieser Vorsatz durchaus legitim zu sein für das neue Jahr. Sich keinen Vorsatz zu nehmen. Einfach da zu sein und das zu tun, was ich gerne, täglich und mit viel Freude bereits tue. Es könnte sogar sein, dass es nicht einmal einfacher ist, das alltägliche Leben lebendig und engagiert zu gestalten und sich so zu zeigen wie man ist.